



Volljurist und Compliance-Experte
November 20, 2025
5 Minuten
Als Jurist mit langjähriger Erfahrung als Anwalt für Datenschutz und IT-Recht kennt Niklas die Antwort auf so gut wie jede Frage im Bereich der digitalen Compliance. Er war in der Vergangenheit unter anderem für Taylor Wessing und Amazon tätig. Als Gründer und Geschäftsführer von SECJUR, lässt Niklas sein Wissen vor allem in die Produktentwicklung unserer Compliance-Automatisierungsplattform einfließen.
Eine korrekte Risikoklassifizierung ist der entscheidende erste Schritt, bevor ein KI-System überhaupt zur Zertifizierung eingereicht werden kann.
Die Auswahl der passenden benannten Stelle entscheidet maßgeblich über Geschwindigkeit, Aufwand und Erfolg des gesamten Konformitätsprozesses.
Vollständige und konsistente technische Dokumentation ist der wichtigste Erfolgsfaktor für eine reibungslose Prüfung.
Die Zusammenarbeit mit der benannten Stelle endet nicht mit der Zertifizierung, denn kontinuierliche Compliance bleibt während des gesamten KI-Lebenszyklus verpflichtend.
Stellen Sie sich vor, Ihr innovatives KI-System ist bereit, den Markt zu erobern. Die Technologie ist brillant, das Potenzial riesig. Doch eine entscheidende Hürde steht noch zwischen Ihrer Innovation und dem EU-Markt: die Konformitätsbewertung. Für KI-Systeme mit hohem Risiko bedeutet das die Zusammenarbeit mit einer sogenannten „benannten Stelle“.
Für viele klingt dieser Begriff nach einem undurchsichtigen, komplexen und kostspieligen Prozess. Die Informationslage ist oft fragmentiert, übermäßig juristisch und erklärt zwar, was diese Stellen sind, aber nicht, wie man in der Praxis mit ihnen arbeitet.
Genau hier setzen wir an. Dieser Leitfaden ist Ihr praxisorientierter Projektplan. Wir übersetzen das Juristendeutsch, räumen mit Mythen auf und geben Ihnen eine klare Schritt-für-Schritt-Anleitung an die Hand – von der ersten internen Vorbereitung bis zur erfolgreichen Zertifizierung. Betrachten Sie uns als den erfahrenen Kollegen, der Ihnen bei einer Tasse Kaffee erklärt, wie Sie diese Herausforderung meistern.
Bevor wir in den Prozess eintauchen, klären wir die Basics. Was genau ist eine benannte Stelle und warum ist sie für Ihr KI-System so wichtig?
Im Grunde ist eine benannte Stelle eine unabhängige, staatlich autorisierte Organisation, die die Konformität von Produkten mit den EU-Vorschriften überprüft. Man kann sie sich wie den TÜV für Autos oder medizinische Geräte vorstellen – nur eben für Hochrisiko-KI-Systeme.
Diese Stellen agieren als neutrale Dritte. Ihre Aufgabe ist es nicht, Sie zu beraten oder Ihre KI zu entwickeln, sondern objektiv zu bewerten, ob Ihr System die strengen Anforderungen des EU AI Acts erfüllt. Sie sind das entscheidende Bindeglied zwischen Ihrem Unternehmen und dem legalen Marktzugang in der EU.

Dieses Bild veranschaulicht den grundlegenden Begriff der 'benannten Stelle' als verbindendes Element zwischen Unternehmen und der Einhaltung des EU AI Acts. Es zeigt auf einen Blick Rolle und Verantwortung, um Anfängern das Konzept leicht verständlich zu machen.
Nicht jedes KI-System muss diesen Prozess durchlaufen. Die Pflicht zur Zusammenarbeit mit einer benannten Stelle gilt nur für Hochrisiko-KI-Systeme, wie sie in Anhang III des AI Acts definiert sind. Dazu gehören beispielsweise KI-Anwendungen in Bereichen wie:
Der erste und wichtigste Schritt ist also herauszufinden, ob Ihr System in diese Kategorie fällt. Die Frage, welche Risikoklassen der EU AI Act definiert, ist der Ausgangspunkt Ihrer gesamten Compliance-Reise.
Um von Anfang an Klarheit zu schaffen, räumen wir mit zwei häufigen Missverständnissen auf:
Progress Checkpoint: Sie wissen jetzt, dass eine benannte Stelle ein unabhängiger Prüfer für Hochrisiko-KI-Systeme ist und dass die korrekte Risikoeinstufung Ihres Systems der erste entscheidende Schritt ist.
Hier wird es praktisch. Wir haben den gesamten Prozess in fünf klare, umsetzbare Schritte unterteilt. Dieser Fahrplan führt Sie von der internen Vorbereitung bis zur erfolgreichen Zusammenarbeit.

Dieser Flowchart macht den komplexen Auswahl- und Kooperationsprozess mit benannten Stellen visuell greifbar. Die klare Schrittfolge und Hervorhebung häufiger Fehler erleichtern das Verständnis und die praktische Umsetzung für Unternehmen.
Bevor Sie überhaupt an eine benannte Stelle denken, müssen Sie Ihre Hausaufgaben machen.
Benannte Stellen für den AI Act werden von den EU-Mitgliedstaaten benannt und in der NANDO-Datenbank der Europäischen Kommission gelistet. Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt noch wenige Stellen spezifisch für den AI Act benannt sind, werden hier zukünftig alle autorisierten Organisationen zu finden sein.
Pro-Tipp: Schauen Sie sich Stellen an, die bereits Erfahrung mit ähnlichen Regulierungen haben (z. B. Medizintechnik-Verordnung – MDR), da diese wahrscheinlich zu den ersten gehören werden, die auch für den AI Act benannt werden.
Nicht jede benannte Stelle ist für Ihr Unternehmen geeignet. Erstellen Sie eine Shortlist und bewerten Sie die Kandidaten anhand dieser Kriterien:
Achtung: Dieser Fehler kostet Sie 3 Monate Zeit! Viele Unternehmen wählen die günstigste oder schnellste Option, ohne die fachliche Expertise zu prüfen. Ein Auditor, der Ihre Branche nicht versteht, wird endlose Rückfragen stellen und den Prozess unnötig in die Länge ziehen.
Sobald Sie sich für eine Stelle entschieden haben, beginnt der eigentliche Prüfungsprozess. Dieser umfasst in der Regel:
Sehen Sie die benannte Stelle nicht als Gegner, sondern als kritischen Partner.
Progress Checkpoint: Sie kennen nun die fünf entscheidenden Schritte, um eine benannte Stelle systematisch auszuwählen und den Audit-Prozess vorzubereiten. Sie wissen, worauf es bei der Auswahl ankommt und wie Sie die Zusammenarbeit gestalten sollten.
Sie haben den Prozess verstanden. Lassen Sie uns nun auf die typischen Fallstricke blicken, die viele Unternehmen ins Straucheln bringen – und wie Sie sie elegant vermeiden.

Diese Grafik dient als visuelles Gedächtnisanker für die typischen Stolpersteine bei der Arbeit mit benannten Stellen und hilft Unternehmen, häufige Fehler proaktiv zu erkennen und zu vermeiden.
Nach erfolgreicher Prüfung stellt die benannte Stelle eine EU-Konformitätsbescheinigung aus. Damit können Sie die CE-Kennzeichnung an Ihrem Produkt anbringen und es EU-weit vertreiben. Doch die benannte Stelle wird Ihre Konformität auch weiterhin in regelmäßigen Abständen überprüfen.
Ein KI-System, das das Stromnetz einer Stadt steuert, ist ein gutes Beispiel: Hier ist die Compliance für die Energiebranche nicht nur für den Markteintritt, sondern für den gesamten Lebenszyklus des Systems von entscheidender Bedeutung.
Die Zusammenarbeit mit einer benannten Stelle mag auf den ersten Blick einschüchternd wirken, aber mit der richtigen Vorbereitung und einem klaren Plan ist sie ein beherrschbarer Prozess. Sie sind jetzt mit dem Wissen ausgestattet, um strategisch vorzugehen.
Ihre Reise beginnt nicht mit der Suche nach einer benannten Stelle, sondern intern.
Indem Sie diese Grundlagen schaffen, stellen Sie die Weichen für eine reibungslose und erfolgreiche Konformitätsbewertung. Sie verwandeln eine regulatorische Hürde in einen strategischen Vorteil – und sichern so den nachhaltigen Erfolg Ihrer KI-Innovation auf dem europäischen Markt.
Wir haben die häufigsten Fragen gesammelt, die uns in Gesprächen mit Unternehmen zum Thema benannte Stellen begegnen.
A: Der Prozess der Benennung läuft noch. Es wird erwartet, dass viele Stellen, die bereits für andere EU-Verordnungen (wie die MDR) benannt sind, ihre Akkreditierung auf den AI Act ausweiten werden. Es ist ratsam, diese Stellen bereits jetzt zu beobachten und erste Kontakte zu knüpfen.
A: Die benannte Stelle prüft die Konformität vor dem Inverkehrbringen (ex-ante). Die nationale Aufsichtsbehörde (in Deutschland voraussichtlich eine Behörde wie die BNetzA oder das BSI) überwacht den Markt nach dem Inverkehrbringen (ex-post) und kann bei Verstößen Sanktionen verhängen.
A: Nein, absolut nicht. Die rechtliche Verantwortung für die Konformität des KI-Systems liegt immer beim Hersteller. Die benannte Stelle ist nur der unabhängige Prüfer dieses Prozesses.
A: Der AI Act ist eine spezifische Regulierung für KI-Systeme, die andere Gesetze ergänzt. Datenverarbeitende KI-Systeme müssen sowohl die Anforderungen des AI Acts als auch die der DSGVO erfüllen. Ähnlich wie beim Schweizer Datenschutzgesetz (Swiss Data Protection Law) gibt es auch beim AI Act spezifische Anforderungen an die Dokumentation, die präzise erfüllt werden müssen.

Als Jurist mit langjähriger Erfahrung als Anwalt für Datenschutz und IT-Recht kennt Niklas die Antwort auf so gut wie jede Frage im Bereich der digitalen Compliance. Er war in der Vergangenheit unter anderem für Taylor Wessing und Amazon tätig. Als Gründer und Geschäftsführer von SECJUR, lässt Niklas sein Wissen vor allem in die Produktentwicklung unserer Compliance-Automatisierungsplattform einfließen.
SECJUR steht für eine Welt, in der Unternehmen immer compliant sind, aber nie an Compliance denken müssen. Mit dem Digital Compliance Office automatisieren Unternehmen aufwändige Arbeitsschritte und erlangen Compliance-Standards wie DSGVO, ISO 27001 oder TISAX® bis zu 50% schneller.
Automatisieren Sie Ihre Compliance Prozesse mit dem Digital Compliance Office
Everything you need to know about the product and billing.

Ein Cybervorfall ist überstanden, doch mit NIS2 beginnt jetzt die entscheidende Phase: die Post-Incident-Analyse. Erfahren Sie, wie Sie Ursachen systematisch aufdecken, Maßnahmen gezielt ableiten und gesetzliche Dokumentationspflichten erfüllen. Dieser Leitfaden zeigt praxisnah, wie Sie aus einem Sicherheitsvorfall nachhaltige Resilienz, bessere Prozesse und echte NIS2-Compliance schaffen.

Am 1. Februar war internationaler Change-Your-Password-Day, ein Tag, der den Schutz der eigenen Daten durch sichere Passwörter wieder in die Köpfe der Internetnutzer rufen soll. Wie lange ist es her, dass Sie Ihre Passwörter das letzte Mal geändert haben? Wenn Sie sich nicht mehr daran erinnern können, dann haben wir hier alle wichtigen Informationen zur sicheren Vergabe von Passwörtern für Sie zusammengetragen.

Die Umsetzung der NIS2-Richtlinie erfordert durchgängiges Monitoring, doch manuelles Überwachen ist fehleranfällig und ressourcenintensiv. Automatisierte Lösungen schaffen Transparenz, entlasten Teams und sichern die Einhaltung aller Anforderungen.