Das nächste ISO 9001 Audit steht an, aber dieses Mal läuft alles anders: Es findet remote statt. Keine Anreise, kein Konferenzraum, nur Sie, Ihr Laptop und der Auditor am anderen Ende der Leitung. Fühlen Sie sich unsicher, wie Sie das vorbereiten sollen? Damit sind Sie nicht allein.
Die Umstellung auf digitale Prüfungen hat viele Qualitätsmanager vor neue Herausforderungen gestellt. Doch mit der richtigen Vorbereitung ist ein Remote Audit nicht nur eine Notwendigkeit, sondern eine echte Chance, Ihr Qualitätsmanagementsystem (QMS) effizienter und transparenter zu gestalten.
In diesem Leitfaden erklären wir Ihnen alles, was Sie für ein erfolgreiches und stressfreies digitales Audit wissen müssen – von der grundlegenden Definition über die detaillierte Planung bis hin zum Umgang mit den typischen Fallstricken.
Das Fundament: Was genau ist ein Remote Audit?
Stellen Sie sich ein Remote Audit wie ein normales Audit vor, bei dem Auditor und auditierte Personen einfach nicht im selben Raum sind. Stattdessen nutzen sie digitale Technologien wie Videokonferenzen und Cloud-Plattformen, um Dokumente zu prüfen, Prozesse zu beobachten und Interviews zu führen.
Die offizielle Grundlage dafür liefert die Norm ISO 19011, der Leitfaden für die Auditierung von Managementsystemen. Sie bestätigt, dass Remote Audits eine valide Methode sind, solange bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Es ist also keine „Audit-Light-Version“, sondern eine vollwertige Prüfungsmethode.
Ein häufiges Missverständnis gilt es jedoch auszuräumen: der Unterschied zwischen einem „Remote Audit“ und einem „Virtuellen Audit“.
- Remote Audit: Ein Auditor prüft aus der Ferne reale, physische Prozesse. Beispiel: Ein Auditor schaltet sich per Videocall in eine Produktionshalle, um zu beobachten, wie ein Bauteil gefertigt wird.
- Virtuelles Audit: Ein Auditor prüft rein digitale Prozesse an einem virtuellen Ort. Beispiel: Die Prüfung des Verkaufsprozesses in einem Onlineshop, der ausschließlich in der Cloud existiert.
Vor- und Nachteile im Überblick: Lohnt sich ein Remote Audit für Sie?
| Vorteile | Nachteile |
| Effizienz: Spart Reisezeit und -kosten für alle Beteiligten. | Technische Hürden: Erfordert eine stabile Internetverbindung und sichere Tools. |
| Flexibilität: Einfachere Terminfindung und globale Reichweite. | Kommunikative Barrieren: Nonverbale Signale gehen leichter verloren. |
| Sicherheit: Reduziert Gesundheitsrisiken (z. B. bei Pandemien). | Eingeschränkte Wahrnehmung: Physische Eindrücke (z.B. Sauberkeit) sind schwerer zu beurteilen. |
| Nachhaltigkeit: Geringerer CO₂-Fußabdruck durch wegfallende Reisen. | Datensicherheitsrisiken: Sensible Daten müssen sicher übertragen werden. |
Schritt für Schritt zum Erfolg: Die Durchführung Ihres Remote Audits
Ein erfolgreiches Remote Audit ist kein Zufall, sondern das Ergebnis exzellenter Planung. Gehen wir die vier entscheidenden Phasen gemeinsam durch.
Phase 1: Planung und Machbarkeit – Der Schlüssel zum Erfolg
Dies ist die wichtigste Phase. Eine sorgfältige Vorbereitung hier kann 90 % der potenziellen Probleme vermeiden. Der Prozess lässt sich in klare Schritte unterteilen, die sicherstellen, dass sowohl die technischen als auch die organisatorischen Rahmenbedingungen stimmen.
Ihre Checkliste für die Planungsphase:
- Machbarkeit prüfen: Klären Sie mit Ihrer Zertifizierungsstelle, ob Ihr anstehendes Audit (z. B. Erstzertifizierung, Überwachungsaudit) remote durchgeführt werden darf. Nicht alle Audits sind vollständig remote-fähig.
- Auditplan abstimmen: Erstellen Sie gemeinsam mit dem Auditor einen detaillierten Zeitplan. Planen Sie kürzere Zeitblöcke und mehr Pausen ein als bei einem Vor-Ort-Audit, um die Konzentration hochzuhalten.
- Technologie festlegen: Einigen Sie sich auf eine gemeinsame Plattform (z. B. MS Teams, Zoom, Webex) und stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten Zugang und die nötige Ausstattung haben. Führen Sie unbedingt einen Technik-Check vorab durch!
- Dokumentenzugriff regeln: Wie stellen Sie dem Auditor die Dokumente zur Verfügung? Überlegen Sie sich eine sichere Methode, z. B. einen verschlüsselten Cloud-Speicher oder das Teilen des Bildschirms.
- Rollen und Verantwortlichkeiten definieren: Bestimmen Sie einen technischen Ansprechpartner für den Audittag und klären Sie, wer welche Prozesse vorstellt. Dies gilt für externe Audits genauso wie für interne Prüfungen.
Phase 2: Technologie und Werkzeuge – Ihr digitales Audit-Cockpit
Die Wahl der richtigen Tools ist entscheidend. Es geht nicht nur um Videokonferenzen, sondern um eine stabile und sichere Arbeitsumgebung.
Vergleich gängiger Videokonferenz-Tools für Audits:
| Funktion | Microsoft Teams | Zoom | Webex |
| Bildschirmfreigabe | Sehr gut, mit der Option, nur ein Fenster zu teilen. | Exzellent, sehr intuitiv und stabil. | Gut, zuverlässig in Unternehmensnetzwerken. |
| Sicherheit | Hohe Standards, oft Teil von bestehenden Microsoft-365-Unternehmenslizenzen. | Hatte in der Vergangenheit Probleme, bietet aber heute Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. | Gilt als sehr sicher, starke Verschlüsselungsoptionen. |
| Aufzeichnung | Einfach, integriert in die Cloud-Umgebung. | Sehr flexibel, lokale oder Cloud-Aufzeichnung möglich. | Zuverlässig, mit Transkriptionsfunktionen. |
| Besonderheit | Tiefe Integration in das Microsoft-Ökosystem. | Einfache Bedienung und hohe Stabilität auch bei schlechterer Verbindung. | Hohe Zuverlässigkeit und erweiterte Sicherheitsfeatures. |
Ihr Setup für den Audittag:
- Stabile Internetverbindung: Nutzen Sie nach Möglichkeit eine LAN-Verbindung statt WLAN.
- Gute Audioqualität: Ein externes Headset ist einem Laptop-Mikrofon immer vorzuziehen.
- Optimale Ausleuchtung: Sorgen Sie für frontales Licht und vermeiden Sie Gegenlicht von einem Fenster.
- Ruhige Umgebung: Wählen Sie einen Raum, in dem Sie ungestört sind, und informieren Sie Kollegen.
Phase 3: Der digitale Audittag – Knigge und Best Practices
Am Audittag selbst gelten dieselben professionellen Standards wie vor Ort – plus ein paar digitale Spielregeln.
- Pünktlichkeit: Seien Sie 5–10 Minuten vor dem Termin online, um die Technik zu prüfen.
- Fokus: Schließen Sie alle nicht benötigten Programme und schalten Sie Benachrichtigungen aus.
- Dokumente teilen, nicht mailen: Teilen Sie Dokumente live per Bildschirmfreigabe. Das gibt Ihnen die Kontrolle und verhindert, dass sensible Daten unkontrolliert versendet werden. Die Einhaltung der DSGVO ist hier essenziell, weshalb eine professionelle Data Protection-Strategie unerlässlich ist.
- Klar kommunizieren: Sprechen Sie langsam und deutlich. Machen Sie Pausen, damit Ihr Gegenüber die Chance hat, Fragen zu stellen.
Phase 4: Nachbereitung und Auditbericht
Die Nachbereitung unterscheidet sich kaum von einem Vor-Ort-Audit. Die Ergebnisse werden im Abschlussgespräch (ebenfalls remote) besprochen und im Auditbericht festgehalten. Stellen Sie sicher, dass alle Feststellungen klar dokumentiert und verstanden sind, bevor Sie die Videokonferenz beenden.
Herausforderungen meistern: Risiken minimieren und Mythen entlarven
Die größten Bedenken bei Remote Audits drehen sich um technische Pannen, Kommunikationsprobleme und Datensicherheit. Doch für jedes Risiko gibt es eine Lösung.
Typische Risiken und wie Sie sie vermeiden
- Problem: Die Internetverbindung bricht ab.
- Lösung: Legen Sie vorab einen Notfallplan fest. Das kann eine Telefonnummer für die Audio-Einwahl oder die Vereinbarung sein, das Audit zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen.
- Problem: Nonverbale Kommunikation fehlt.
- Lösung: Schalten Sie wann immer möglich die Kamera ein. Fassen Sie wichtige Punkte verbal zusammen („Habe ich Sie richtig verstanden, dass …?“) und fragen Sie aktiv nach, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Problem: Sorge um die Datensicherheit.
- Lösung: Nutzen Sie nur von Ihrem Unternehmen freigegebene, sichere Tools. Vermeiden Sie den Versand von Dokumenten per E-Mail. Die Verantwortung für die Informationssicherheit sollte klar geregelt sein, oft durch einen dedizierten Informationssicherheitsbeauftragter.
Mythos vs. Fakt: Was Sie über Remote Audits wirklich wissen müssen
Um Remote Audits ranken sich hartnäckige Mythen. Zeit, mit den drei häufigsten aufzuräumen.
Fazit: Das Remote Audit als Chance für Ihr Qualitätsmanagement
Ein ISO 9001 Remote Audit mag anfangs ungewohnt erscheinen, ist aber bei richtiger Vorbereitung eine ebenso gründliche und anerkannte Prüfungsmethode wie das klassische Vor-Ort-Audit. Es bietet enorme Potenziale für mehr Effizienz, Flexibilität und Nachhaltigkeit in Ihrem Auditprozess.
Der Schlüssel liegt in der proaktiven Planung, der klaren Kommunikation und der Nutzung der richtigen technologischen Werkzeuge. Indem Sie die hier beschriebenen Schritte befolgen und sich auf die digitalen Gegebenheiten einstellen, verwandeln Sie die Herausforderung in einen reibungslosen und erfolgreichen Prozess.
Moderne Unternehmen verstehen, dass dies der Weg in die Zukunft ist. Eine zentrale digital compliance Plattform kann dabei helfen, alle Nachweise und Dokumente für Audits – ob remote oder vor Ort – jederzeit griffbereit und aktuell zu halten und den gesamten Prozess noch weiter zu vereinfachen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum ISO 9001 Remote Audit
Ist ein Remote Audit für die ISO 9001 Erstzertifizierung erlaubt?
Ja, in vielen Fällen ist ein hybrider Ansatz möglich, bei dem Teile remote und andere (z. B. die Prüfung der Produktionsprozesse) vor Ort stattfinden. Die genauen Regelungen hängen von Ihrer Zertifizierungsstelle und den Akkreditierungsvorgaben ab. Klären Sie dies immer vorab!
Was passiert bei einem Verbindungsabbruch während des Audits?
Keine Panik. Ein kurzer Ausfall ist meist unproblematisch. Der Auditor wird den unterbrochenen Teil wiederholen. Für längere Ausfälle sollte ein Notfallplan bestehen (z. B. Fortsetzung per Telefon oder Neuansetzung des Termins).
Wie stelle ich sicher, dass vertrauliche Dokumente sicher bleiben?
Die sicherste Methode ist die Bildschirmfreigabe, bei der das Dokument Ihren Rechner nie verlässt. Wenn ein Transfer nötig ist, nutzen Sie ausschließlich sichere, verschlüsselte Plattformen, die von Ihrer IT-Abteilung freigegeben wurden.
Welche technischen Voraussetzungen sind absolut notwendig?
Eine stabile Breitband-Internetverbindung, ein Computer mit funktionierender Webcam und ein Headset mit Mikrofon sind das Minimum. Alles andere (z. B. spezielle Software) wird im Vorfeld mit dem Auditor abgestimmt.