



Volljurist und Compliance-Experte
November 10, 2025
5 Minuten
Als Jurist mit langjähriger Erfahrung als Anwalt für Datenschutz und IT-Recht kennt Niklas die Antwort auf so gut wie jede Frage im Bereich der digitalen Compliance. Er war in der Vergangenheit unter anderem für Taylor Wessing und Amazon tätig. Als Gründer und Geschäftsführer von SECJUR, lässt Niklas sein Wissen vor allem in die Produktentwicklung unserer Compliance-Automatisierungsplattform einfließen.
Eine zentrale Steuerung sorgt dafür, dass NIS2-Anforderungen in allen Ländern konsistent umgesetzt werden.
Automatisierte Workflows stellen sicher, dass Vorfälle schnell und korrekt gemeldet werden.
Einheitliche Risiko- und Asset-Bewertungen schaffen Transparenz über alle Standorte hinweg.
Die automatisierte Evidenzsammlung erleichtert Audits und reduziert manuellen Aufwand deutlich.
Stellen Sie sich vor, Sie sind für die Cybersicherheit der „Euro-Gruppe AG“ verantwortlich, einem erfolgreichen Mittelständler mit Produktionsstätten in Deutschland, einem Entwicklungszentrum in Polen und Vertriebsniederlassungen in Frankreich und Italien. Die NIS2-Richtlinie ist für Sie keine Neuigkeit mehr. Die Anforderungen sind klar, die Frist rückt näher. Doch während Ihr Team in Deutschland einen soliden Plan entwickelt, meldet sich die Kollegin aus Paris: „Unsere nationale Umsetzungsbehörde, die ANSSI, hat leicht abweichende Meldefristen für Vorfälle.“ Kurz darauf eine E-Mail aus Warschau: „Die lokalen Anforderungen an die Lieferkettensicherheit sind hier strenger definiert.“
Plötzlich ist NIS2-Compliance kein einzelnes Projekt mehr. Es ist ein Albtraum aus vier leicht unterschiedlichen Projekten, die koordiniert werden müssen. NIS2 in einem Land umzusetzen ist eine Herausforderung. In vier Ländern droht es, zu einem unkontrollierbaren Chaos aus Tabellen, E-Mails und nationalen Sonderwegen zu werden.
Genau hier liegt die Komplexitätsfalle für international tätige Unternehmen. Doch es gibt einen Ausweg, der nicht nur die Kontrolle zurückgibt, sondern die Compliance auf ein neues Level hebt: strategische Automatisierung.

Dieser Artikel zeigt Ihnen, warum Automatisierung bei grenzüberschreitender Compliance kein „Nice-to-have“ zur Effizienzsteigerung ist, sondern eine strategische Notwendigkeit, um Konsistenz, Nachweisbarkeit und Skalierbarkeit in der gesamten EU zu gewährleisten.
Die Grundlagen von NIS2 – Risikomanagement, Meldepflichten, Geschäftsführungs-Haftung – sind EU-weit gleich. Der Teufel steckt jedoch im Detail der nationalen Umsetzungen. Jedes EU-Land wird die Richtlinie in ein eigenes Gesetz gießen. Das führt unweigerlich zu kleinen, aber entscheidenden Unterschieden:
Für ein Unternehmen, das in mehreren Ländern aktiv ist, bedeutet dies: Ein zentral entwickelter Plan kann nicht einfach 1:1 ausgerollt werden. Er muss an jedem Standort an die lokalen Gegebenheiten angepasst, aber gleichzeitig zentral überwacht und gesteuert werden. Manuelles Management über Excel-Listen und E-Mail-Verteiler wird hier schnell zur Fehlerquelle und zum Compliance-Risiko.
Praxis-Falle: „Wir warten auf das finale deutsche Gesetz.“ Ein häufiges Missverständnis ist der Glaube, man könne abwarten, bis das nationale Umsetzungsgesetz (in Deutschland das NIS2UmsuCG) final verabschiedet ist. Für international tätige Unternehmen ist das eine gefährliche Strategie. Ihre Niederlassungen in anderen EU-Ländern müssen sich an die dortigen Gesetze halten, die möglicherweise früher in Kraft treten oder andere Schwerpunkte setzen. Ein proaktiver, EU-weiter Ansatz auf Basis der Richtlinie selbst ist der einzig sichere Weg, um nicht von unterschiedlichen nationalen Zeitplänen überrollt zu werden.
Um das Compliance-Chaos zu bändigen, braucht es eine strukturierte Herangehensweise. Automatisierung ist dabei der Schlüssel. Sie schafft eine zentrale „Quelle der Wahrheit“ und sorgt dafür, dass definierte Prozesse über alle Standorte hinweg einheitlich gelebt werden. Dies lässt sich in vier wesentliche Säulen unterteilen.

Die Basis jeder Cybersicherheitsstrategie ist das Wissen über die eigenen Assets und deren Risiken. Für ein multinationales Unternehmen stellt sich die Frage: Wie bewerten wir das Risiko für einen Produktionsserver in Polen nach der gleichen Methode wie für einen Datenbankserver in der deutschen Zentrale?
Herausforderung: Unterschiedliche Teams in verschiedenen Ländern nutzen oft eigene Tools und Methoden zur Inventarisierung und Risikobewertung. Das Ergebnis ist ein inkonsistenter Flickenteppich, der keine verlässliche, EU-weite Risikolage zeigt.
Automatisierungslösung: Eine zentrale Plattform schafft ein einheitliches Asset-Inventar für alle Standorte. Automatisierte Konnektoren können Informationen aus bestehenden Systemen (wie CMDBs) importieren. Das ISO 27001 Risikomanagement, welches nach einem standardisierten Verfahren abläuft, wird so über alle Standorte hinweg vereinheitlicht. Jedes Asset wird nach der gleichen Methodik bewertet, was eine vergleichbare und aggregierte Risikodarstellung für das Management ermöglicht.
Ein Sicherheitsvorfall in der französischen Niederlassung der „Euro-Gruppe AG“ tritt ein. Wer muss wann informiert werden? Das lokale Management? Die IT-Security in Deutschland? Die ANSSI in Frankreich innerhalb von 24 Stunden? Das BSI in Deutschland, weil die Zentrale dort sitzt?
Herausforderung: Manuelle Prozesse sind in der Hektik eines Vorfalls extrem fehleranfällig. Die richtige Meldung an die richtige Behörde im richtigen Format und in der richtigen Sprache zu senden, ist unter Zeitdruck kaum zu schaffen.
Automatisierungslösung: Ein vordefinierter Workflow in einem Automatisierungstool stellt sicher, dass bei einem Vorfall die richtigen Schritte ausgelöst werden.
Ein Prüfer der nationalen Behörde kündigt sich an und verlangt Nachweise für die Umsetzung der NIS2-Anforderungen. Jetzt beginnt die mühsame Suche nach Protokollen, Richtlinien, Schulungsnachweisen und Konfigurationsdateien – und das für jeden Standort einzeln.
Herausforderung: Nachweise sind oft dezentral in verschiedenen Systemen, Ordnern und E-Mail-Postfächern verstreut. Die manuelle Sammlung ist zeitaufwendig und unvollständig.
Automatisierungslösung: Eine Compliance-Plattform sammelt kontinuierlich und automatisiert Nachweise (Evidenz). Sie prüft beispielsweise, ob die Datensicherungen auf allen Servern EU-weit erfolgreich waren, ob die Sicherheits-Patches eingespielt wurden und ob alle relevanten Mitarbeiter ihre jährliche Sicherheitsschulung absolviert haben. Per Knopfdruck kann so ein umfassender Bericht für einen spezifischen Standort oder die gesamte Organisation generiert werden.
NIS2 verpflichtet Unternehmen, auch die Sicherheit ihrer Lieferkette zu gewährleisten. Für die „Euro-Gruppe AG“ bedeutet das, hunderte von Zulieferern in ganz Europa auf deren NIS2-Konformität zu überprüfen.
Herausforderung: Manuelle Abfragen per Fragebogen an hunderte NIS2 Lieferanten zu senden und auszuwerten, ist nicht skalierbar. Es bindet enorme Ressourcen und liefert nur eine Momentaufnahme.
Automatisierungslösung: Automatisierte Plattformen können den gesamten Prozess des Lieferanten-Risikomanagements steuern. Sie versenden standardisierte Fragebögen, werten die Antworten automatisch aus, weisen jedem Lieferanten einen Risikoscore zu und fordern bei kritischen Abweichungen automatisch Nachweise oder Maßnahmenpläne an. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung der gesamten Lieferkette mit minimalem manuellem Aufwand, was besonders im Bereich automated compliance for manufacturing entscheidend ist.
Die ultimative Stufe der grenzüberschreitenden Compliance ist ein zentrales Dashboard, das der Geschäftsführung auf einen Blick den Compliance-Status der gesamten Organisation anzeigt. Es ist die Single Source of Truth, die Silos aufbricht und eine strategische Steuerung ermöglicht.

Ein solches Cockpit, oft Teil einer Digital Compliance Platform, aggregiert Daten aus verschiedenen Quellen und visualisiert die wichtigsten Kennzahlen (KPIs):
Dieses Cockpit macht Compliance messbar und ermöglicht es der Geschäftsführung, fundierte Entscheidungen zu treffen und ihrer Überwachungspflicht nachzukommen.
Der Weg zu einer automatisierten, grenzüberschreitenden Compliance muss nicht auf einmal gegangen werden. Beginnen Sie mit einem strukturierten Vorgehen:
Die NIS2-Compliance für multinational agierende Unternehmen ist mehr als nur die Summe ihrer Teile. Die Komplexität entsteht durch die Koordination, Konsistenz und Nachweisbarkeit über Ländergrenzen und unterschiedliche Rechtsräume hinweg.
Der Versuch, diese Herausforderung mit manuellen Methoden zu meistern, führt unweigerlich zu Ineffizienz, Fehlern und letztlich zu Compliance-Lücken. Strategische Automatisierung ist der einzige Weg, diesen gordischen Knoten zu durchschlagen. Sie verwandelt den reaktiven Compliance-Albtraum in einen proaktiven, transparenten und steuerbaren Prozess. Anstatt das Chaos zu verwalten, gewinnen Sie die strategische Kontrolle zurück und machen Ihre Cybersicherheit zu einem echten Wettbewerbsvorteil im gesamten europäischen Binnenmarkt.
Muss ich auf die nationale Umsetzung in jedem einzelnen Land warten, in dem ich tätig bin?Nein, das wäre riskant. Die NIS2-Richtlinie gibt den klaren Rahmen und die Frist (Oktober 2024) vor. Unternehmen sollten ihre Compliance-Programme auf Basis der Richtlinie starten und sie später an die nationalen Gesetze anpassen. Wer wartet, gerät unweigerlich in Zeitdruck.
Welche Behörde ist für mein Unternehmen zuständig, wenn wir in mehreren EU-Ländern Standorte haben?Die NIS2-Richtlinie folgt dem Prinzip des „main establishment“ (Hauptniederlassung). In der Regel ist die Behörde des Landes zuständig, in dem Ihr Unternehmen seine Hauptverwaltung in der EU hat. Dennoch müssen Sie die Meldepflichten in dem Land erfüllen, in dem ein Sicherheitsvorfall auftritt oder eine Dienstleistung erbracht wird.
Reicht es, wenn meine deutsche Zentrale NIS2-konform ist, um für die ganze Gruppe konform zu sein?Nein. Die Compliance muss an jedem Standort nachweisbar sein, der unter die NIS2-Richtlinie fällt. Eine zentrale Steuerung und einheitliche Standards sind entscheidend, aber die Umsetzung und der Nachweis der Wirksamkeit müssen auch lokal erbracht werden können.
Wie kann Automatisierung bei unterschiedlichen Meldefristen und -formaten der nationalen Behörden helfen?Automatisierte Workflows können intelligent konfiguriert werden. Basierend auf dem Standort des Vorfalls kann das System automatisch die richtige Meldefrist (z.B. 24 Stunden), das korrekte Meldeformular und den zuständigen Ansprechpartner der nationalen Behörde auswählen und das Sicherheitsteam durch den Prozess führen.

Als Jurist mit langjähriger Erfahrung als Anwalt für Datenschutz und IT-Recht kennt Niklas die Antwort auf so gut wie jede Frage im Bereich der digitalen Compliance. Er war in der Vergangenheit unter anderem für Taylor Wessing und Amazon tätig. Als Gründer und Geschäftsführer von SECJUR, lässt Niklas sein Wissen vor allem in die Produktentwicklung unserer Compliance-Automatisierungsplattform einfließen.
SECJUR steht für eine Welt, in der Unternehmen immer compliant sind, aber nie an Compliance denken müssen. Mit dem Digital Compliance Office automatisieren Unternehmen aufwändige Arbeitsschritte und erlangen Compliance-Standards wie DSGVO, ISO 27001 oder TISAX® bis zu 50% schneller.
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