NIS2: Risikoanalyse automatisieren für digitale Plattformen
NIS2: Risikoanalyse automatisieren für digitale Plattformen
Niklas Hanitsch
Volljurist und Compliance-Experte
November 10, 2025
5 Minuten
Als Jurist mit langjähriger Erfahrung als Anwalt für Datenschutz und IT-Recht kennt Niklas die Antwort auf so gut wie jede Frage im Bereich der digitalen Compliance. Er war in der Vergangenheit unter anderem für Taylor Wessing und Amazon tätig. Als Gründer und Geschäftsführer von SECJUR, lässt Niklas sein Wissen vor allem in die Produktentwicklung unserer Compliance-Automatisierungsplattform einfließen.
Key Takeaways
Automatisierte Risikoanalysen erfassen und aktualisieren Ihre digitalen Assets kontinuierlich, ganz ohne manuelle Pflege.
KI-gestützte Bedrohungsanalysen priorisieren Schwachstellen nach Relevanz und Wirkung, statt nach Bauchgefühl.
Objektive Risikoscores schaffen eine klare Grundlage für schnelle und fundierte Sicherheitsentscheidungen.
Automatisierte Maßnahmen und Nachweise sorgen dafür, dass Ihr NIS2-Compliance-Status jederzeit transparent und belegbar ist.
Die NIS2-Richtlinie ist da – und mit ihr eine Anforderung, die viele Geschäftsführer und IT-Verantwortliche vor eine Herausforderung stellt: die Durchführung einer umfassenden Risikoanalyse. Für viele fühlt es sich an, als müssten sie einen riesigen Berg an Tabellenkalkulationen, manuellen Prüfungen und Dokumentationen erklimmen. Ein Prozess, der nicht nur zeitaufwendig, sondern auch fehleranfällig ist.
Aber was wäre, wenn dieser Berg nur eine optische Täuschung wäre? Was, wenn der anstrengende manuelle Aufstieg durch einen intelligenten Lift ersetzt werden könnte? Genau das leistet die Automatisierung. In diesem Leitfaden zeigen wir Ihnen, wie Sie die NIS2-Risikoanalyse nicht als Belastung, sondern als Chance für Ihr Unternehmen begreifen – indem Sie von Anfang an auf KI-gestützte Automatisierung setzen.
Das Fundament: Was ist eine NIS2-Risikoanalyse wirklich?
Bevor wir in die Automatisierung eintauchen, müssen wir eine Sache klarstellen: Eine Risikoanalyse nach NIS2 ist weit mehr als das Abhaken einer Checkliste. Sie ist das strategische Herzstück Ihrer Cybersicherheitsstrategie. Ihr Ziel ist es, proaktiv zu verstehen, welche digitalen Werte (Assets) Ihr Unternehmen besitzt, welchen Bedrohungen diese ausgesetzt sind und welche realen Geschäftsrisiken sich daraus ergeben.
Laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist dies keine einmalige Aufgabe, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Er lässt sich in vier Kernphasen unterteilen: Identifizieren, Analysieren, Bewerten und Behandeln. Erst wenn dieser Kreislauf lückenlos funktioniert, können Sie fundierte Entscheidungen treffen, um Ihr Unternehmen wirksam zu schützen.
Genau hier liegt die Schwäche traditioneller Ansätze: Manuelle Prozesse können mit der Dynamik moderner IT-Landschaften kaum Schritt halten.
Von Manuell zu Automatisiert: Die Risikoanalyse Schritt für Schritt
Der wahre "Aha-Moment" entsteht, wenn man den klassischen, manuellen Weg direkt mit dem automatisierten Ansatz vergleicht. Lassen Sie uns die vier Kernphasen der Risikoanalyse durchgehen und den Unterschied beleuchten.
Schritt 1: Asset-Inventarisierung – Was müssen Sie schützen?
Der manuelle Weg: Sie öffnen eine Excel-Tabelle und beginnen, alles aufzulisten: Server, Laptops, Datenbanken, Cloud-Instanzen, SaaS-Anwendungen. Sie befragen Abteilungsleiter, durchsuchen alte Dokumente und hoffen, nichts zu übersehen.
Das Problem: Dieses Inventar ist bereits in dem Moment veraltet, in dem Sie es speichern. Ein Entwickler startet einen neuen Cloud-Server, ein Marketing-Tool wird eingeführt – und Ihre Liste stimmt nicht mehr. Für dynamische digitale Plattformen ist dieser Ansatz eine Sisyphusarbeit.
Der automatisierte Vorteil: Eine KI-gestützte Plattform scannt kontinuierlich Ihre gesamte IT-Infrastruktur. Über APIs verbindet sie sich mit Ihren Cloud-Anbietern wie AWS, Ihren Code-Repositories und Netzwerken.
In der Praxis: Das System entdeckt automatisch einen neuen, ungesicherten Container in Ihrem Kubernetes-Cluster und fügt ihn in Echtzeit zum Asset-Inventar hinzu – inklusive aller relevanten Metadaten. Sie haben jederzeit eine vollständige und aktuelle Übersicht, ohne eine einzige Zeile manuell pflegen zu müssen. Dies ist die Grundlage für ein funktionierendes Informationssicherheitsmanagementsystem.
Schritt 2: Bedrohungs- und Schwachstellenanalyse – Wovor müssen Sie es schützen?
Der manuelle Weg: Sie wälzen generische Bedrohungskataloge und durchsuchen manuell CVE-Datenbanken (Common Vulnerabilities and Exposures) nach Schwachstellen, die Ihre Systeme betreffen könnten.
Das Problem: Dieser Prozess ist reaktiv und langsam. Sie erfahren von einer kritischen Schwachstelle oft erst, wenn sie bereits in den Nachrichten ist. Ihnen fehlt der Kontext, um zu beurteilen, welche der tausenden Bedrohungen für Ihr Unternehmen wirklich relevant sind.
Der automatisierte Vorteil: Die Plattform gleicht Ihr Live-Asset-Inventar automatisch mit globalen Echtzeit-Bedrohungsdatenbanken ab. Die KI versteht Ihren Technologie-Stack und alarmiert Sie gezielt.
In der Praxis: Das System erkennt, dass eine von Ihren Entwicklern genutzte Open-Source-Bibliothek eine kritische Sicherheitslücke aufweist. Es schlägt sofort Alarm und zeigt Ihnen genau, in welchen Anwendungen diese Bibliothek verwendet wird. Anstatt im Dunkeln zu tappen, können Sie gezielt handeln.
Schritt 3: Risikobewertung – Wie groß ist die Gefahr?
Der manuelle Weg: In Ihrer Excel-Tabelle weisen Sie den Risiken subjektive Werte zu: "hoch", "mittel", "niedrig". Die Bewertung hängt stark von der Einschätzung einzelner Mitarbeiter ab.
Das Problem: Diese Bewertungen sind oft inkonsistent und nicht nachvollziehbar. Ein "hohes" Risiko für Abteilung A ist vielleicht nur ein "mittleres" für Abteilung B. Eine klare Priorisierung ist fast unmöglich. Eine strukturierte NIS2 Risikobewertung sieht anders aus.
Der automatisierte Vorteil: Ein Algorithmus berechnet einen objektiven Risikoscore. Er berücksichtigt dabei eine Vielzahl von Faktoren: die Kritikalität des Assets (z. B. eine Kundendatenbank), die Schwere der Schwachstelle (CVSS-Score) und die tatsächliche Exposition (z. B. ob das System aus dem Internet erreichbar ist).
In der Praxis: Eine ungesicherte Datenbank mit sensiblen Kundendaten, die öffentlich zugänglich ist, erhält automatisch eine höhere Risikopriorität als ein interner Testserver mit einer ähnlichen Schwachstelle. Sie wissen sofort, worauf Sie Ihre Ressourcen konzentrieren müssen.
Schritt 4: Risikobehandlung – Was tun Sie dagegen?
Der manuelle Weg: Sie formulieren Maßnahmen in einem Dokument, erstellen manuell Tickets in Jira oder Asana und fragen per E-Mail nach dem Status. Der Nachweis der Umsetzung ist ein mühsames Zusammensuchen von Screenshots und E-Mail-Verläufen.
Das Problem: Die Nachverfolgung ist lückenhaft und zeitintensiv. Es ist schwer zu beweisen, dass Maßnahmen fristgerecht und wirksam umgesetzt wurden – ein Albtraum bei einem Audit.
Der automatisierte Vorteil: Die Compliance-Plattform schlägt basierend auf etablierten Standards wie ISO 27001 konkrete Maßnahmen zur Risikominderung vor. Mit einem Klick können diese als Aufgaben in Ihre bestehenden Projektmanagement-Tools integriert werden.
In der Praxis: Das System erstellt automatisch ein Jira-Ticket für das Entwicklerteam mit der Aufforderung, die verwundbare Bibliothek zu aktualisieren. Die Plattform überwacht den Status des Tickets und dokumentiert die Erledigung automatisch. So entsteht ein lückenloser, audit-sicherer Nachweis für Ihre NIS2 Compliance.
Mehr als nur Compliance: Der Weg zum kontinuierlichen Risikomanagement
Durch Automatisierung verwandelt sich die Risikoanalyse von einem statischen Projekt in einen dynamischen, kontinuierlichen Prozess. Es entsteht ein "Flywheel", bei dem Ihre Sicherheitsposition ständig überwacht und verbessert wird.
Dieser Ansatz bietet weit mehr als nur die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben. Sie gewinnen:
Echte Sicherheit: Sie erkennen und beheben Schwachstellen, bevor sie ausgenutzt werden können.
Operative Effizienz: Ihre Teams verbringen weniger Zeit mit manueller Datensammlung und mehr Zeit mit strategischen Sicherheitsaufgaben.
Wettbewerbsvorteile: Nachweisbare Sicherheit und Compliance werden zunehmend zu einem entscheidenden Faktor bei der Wahl von Geschäftspartnern, insbesondere im Bereich Cloud und SaaS.
Ihr nächster Schritt zur automatisierten Compliance
Die NIS2-Anforderungen, insbesondere die Risikoanalyse, mögen auf den ersten Blick komplex erscheinen. Doch mit den richtigen Werkzeugen wird aus der Pflicht eine strategische Chance. Anstatt sich in manuellen Prozessen zu verlieren, können Sie mit Automatisierung eine widerstandsfähige und jederzeit nachweisbar konforme Sicherheitskultur aufbauen.
Dabei müssen Sie das Rad nicht neu erfinden. Etablierte Rahmenwerke bieten eine hervorragende Grundlage. Informieren Sie sich, welche Überschneidungen zwischen ISO 27001 und NIS2 bestehen und wie Sie Synergien nutzen können. Denken Sie auch daran, dass NIS2 einen starken Fokus auf die Sicherheit der gesamten Lieferketten legt – ein Bereich, der ohne Automatisierung kaum zu überblicken ist.
Wenn Sie bereit sind, den manuellen Berg hinter sich zu lassen und den intelligenten Weg zur Compliance zu gehen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, sich mit den Möglichkeiten einer Compliance-Automatisierungsplattform vertraut zu machen.
FAQ: Häufige Fragen zur automatisierten NIS2-Risikoanalyse
Was ist der Unterschied zwischen einer Risikoanalyse und einer Risikobewertung?Die Risikoanalyse ist der gesamte Prozess (Identifizieren, Analysieren, Bewerten). Die Risikobewertung ist ein spezifischer Schritt innerhalb dieses Prozesses, bei dem die Wahrscheinlichkeit und die potenziellen Auswirkungen eines Risikos eingeschätzt werden.
Ersetzt Automatisierung die Notwendigkeit von Sicherheitsexperten?Nein, ganz im Gegenteil. Automatisierung ist ein Werkzeug, das Experten von repetitiven Aufgaben befreit. Sie liefert die Daten und die Priorisierung, damit sich Menschen auf die komplexen Entscheidungen, die strategische Planung und die Reaktion auf neuartige Bedrohungen konzentrieren können.
Wie fange ich an, wenn ich bisher alles manuell gemacht habe?Der erste Schritt ist die automatisierte Inventarisierung Ihrer Assets. Eine vollständige und aktuelle Übersicht ist die Basis für alles Weitere. Plattformen wie das Digital Compliance Office von SECJUR sind darauf ausgelegt, Sie schrittweise durch den gesamten Prozess zu führen, beginnend mit dem, was Sie bereits haben.
Welche Rolle spielt die Geschäftsführung bei der NIS2-Risikoanalyse?Eine entscheidende. Gemäß der NIS2 Richtlinie ist die Geschäftsführung direkt für die Billigung und Überwachung der Risikomanagementmaßnahmen verantwortlich. Bei Verstößen drohen nicht nur empfindliche NIS2 Strafen für das Unternehmen, sondern auch eine persönliche Haftung der Leitungsorgane.
Als Jurist mit langjähriger Erfahrung als Anwalt für Datenschutz und IT-Recht kennt Niklas die Antwort auf so gut wie jede Frage im Bereich der digitalen Compliance. Er war in der Vergangenheit unter anderem für Taylor Wessing und Amazon tätig. Als Gründer und Geschäftsführer von SECJUR, lässt Niklas sein Wissen vor allem in die Produktentwicklung unserer Compliance-Automatisierungsplattform einfließen.
Über SECJUR
SECJUR steht für eine Welt, in der Unternehmen immer compliant sind, aber nie an Compliance denken müssen. Mit dem Digital Compliance Office automatisieren Unternehmen aufwändige Arbeitsschritte und erlangen Compliance-Standards wie DSGVO, ISO 27001 oder TISAX® bis zu 50% schneller.
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