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ISO 27001 Audit: Die zentrale Rolle des Document Controllers

ISO 27001 Audit: Die zentrale Rolle des Document Controllers

Amin Abbaszadeh

Informationssicherheitsexperte

November 20, 2025

5 Minuten

Amin Abbaszadeh ist Informationssicherheitsexperte bei SECJUR und unterstützt Unternehmen dabei, Informationssicherheits- und Compliance-Standards wie ISO 27001 effektiv umzusetzen. Zuvor war er als Senior Consultant Cybersecurity bei NTT DATA tätig, wo er Projekte im Bereich IT-Compliance und ISMS verantwortete. Durch seine interdisziplinäre Erfahrung in Technik, Beratung und Management verbindet Amin strategisches Denken mit praxisnaher Umsetzung – immer mit dem Ziel, nachhaltige Sicherheits- und Compliance-Strukturen zu schaffen.

Key Takeaways

Ein effektiver Document Controller stellt sicher, dass jedes ISO 27001-Dokument jederzeit auffindbar, aktuell und auditfest ist.

Die klare Trennung zwischen inhaltlicher Verantwortung des ISB und prozessualer Verantwortung des Document Controllers verhindert Chaos und Doppelarbeit.

Eine saubere Dokumentenlenkung bildet das Rückgrat eines funktionierenden ISMS und entscheidet maßgeblich über den Audit-Erfolg.

Professionelle Tools und strukturierte Workflows ermöglichen eine effiziente, nachvollziehbare und revisionssichere Verwaltung aller ISMS-Dokumente.

Stellen Sie sich eine typische Audit-Situation vor: Der Auditor sitzt Ihnen gegenüber, blättert durch seine Notizen und sagt: „Zeigen Sie mir bitte die Risikoanalyse aus dem letzten Quartal, Version 1.3, freigegeben von Frau Schmidt.“ Ein Moment, der bei vielen Schweißperlen auf die Stirn treibt. Doch in gut organisierten Unternehmen gibt es eine Person, die jetzt entspannt lächelt, mit wenigen Klicks das exakte Dokument findet und es präsentiert. Diese Person ist der Document Controller – der unbesungene Held jeder erfolgreichen ISO 27001-Zertifizierung.

Viele Unternehmen, die ein Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS) nach ISO 27001 aufbauen, konzentrieren sich auf technische Maßnahmen und Richtlinien. Dabei übersehen sie oft, dass der Erfolg des gesamten Systems von einer sauberen, nachvollziehbaren und stets verfügbaren Dokumentation abhängt. Genau hier kommt der Document Controller ins Spiel. Diese Rolle ist weit mehr als nur administrative Ablage; sie ist das Rückgrat, das die Integrität und Audit-Fähigkeit Ihres ISMS sicherstellt.

In diesem Leitfaden beleuchten wir, warum diese Rolle so entscheidend ist, was die täglichen Aufgaben sind und wie Sie diese Funktion in Ihrem Unternehmen optimal aufsetzen – auch wenn Sie bei null anfangen.

Foundation: Was ist "Dokumentenlenkung"? Und wer ist der "Document Controller"?

Bevor wir in die Details der Rolle eintauchen, klären wir die beiden zentralen Begriffe.

Dokumentenlenkung (gemäß ISO 27001, Klausel 7.5) ist der formale Prozess, der sicherstellt, dass alle für das ISMS relevanten Dokumente und Aufzeichnungen korrekt erstellt, geprüft, freigegeben, verteilt, gespeichert und schließlich archiviert oder vernichtet werden. Es geht darum, den gesamten Lebenszyklus von Informationen zu kontrollieren, um sicherzustellen, dass Mitarbeiter immer die richtige, aktuelle Version eines Dokuments verwenden.

Der Document Controller ist die Person oder die Funktion, die für die Verwaltung dieses Prozesses verantwortlich ist. Er oder sie ist der Hüter der Ordnung, der dafür sorgt, dass die Regeln der Dokumentenlenkung eingehalten werden.

Der entscheidende Unterschied: Document Controller vs. Informationssicherheitsbeauftragter (ISB)

Hier entsteht oft das größte Missverständnis. Viele, die neu in die Rolle des Document Controllers schlüpfen, fürchten, sie müssten plötzlich Sicherheitsexperten sein. Das ist falsch und führt zu großer Verunsicherung.

Der „Aha-Moment“ liegt in der klaren Trennung der Verantwortlichkeiten:

  • Der Informationssicherheitsbeauftragte (ISB) ist der Inhalts- und Strategie-Eigentümer. Er definiert die Sicherheitsrichtlinien, führt Risikoanalysen durch und entscheidet, was in den Dokumenten stehen soll.
  • Der Document Controller ist der Prozess-Verwalter. Er ist dafür verantwortlich, wie diese Dokumente verwaltet werden. Er kümmert sich um Versionsnummern, Freigabeworkflows, Zugriffsrechte und die zentrale Ablage. Er muss nicht den Inhalt einer Firewall-Richtlinie im Detail verstehen, aber er muss wissen, wo die freigegebene Version 2.1 zu finden ist.

Diese Trennung ist entscheidend: Sie entlastet den Document Controller von der inhaltlichen Verantwortung und erlaubt ihm, sich voll auf die prozessuale Exzellenz zu konzentrieren.

Das Bild zeigt klar den Unterschied zwischen Document Controller und ISB: Der Document Controller verwaltet Dokumentationsprozesse, während der ISB für den Inhalt und die Sicherheitsstrategie verantwortlich ist. Dieses Verständnis entlastet Einsteiger und fokussiert die Rolle.

Building: Die Kernaufgaben: Ihr tägliches Spielfeld

Was macht ein Document Controller also den ganzen Tag? Die Aufgaben sind klar strukturiert und folgen dem Lebenszyklus der Dokumente.

Der Flussdiagramm visualisiert den Lebenszyklus eines Dokuments im ISMS: Von Entwurf über Prüfung, Freigabe bis zur Archivierung. Diese strukturierte Darstellung macht die Aufgaben des Document Controllers greifbar.

Dokumenteninventar (Master List) erstellen und pflegen

Die absolute Grundlage. Der Document Controller führt eine zentrale Liste aller gelenkten Dokumente des ISMS. Diese „Master List“ enthält typischerweise Informationen wie:

  • Dokumententitel und eindeutige Kennung (z. B. ISMS-POL-001)
  • Aktuelle Versionsnummer
  • Status (Entwurf, in Prüfung, freigegeben, archiviert)
  • Verantwortlicher Eigentümer (z. B. der ISB)
  • Freigabedatum
  • Nächstes Prüfdatum

Den Lebenszyklus von Dokumenten steuern

Der Controller agiert als Lotse, der die Dokumente durch die verschiedenen Phasen ihres Lebenszyklus führt:

  1. Erstellung: Er stellt sicher, dass neue Dokumente einer einheitlichen Vorlage folgen.
  2. Prüfung & Freigabe: Er koordiniert den Review-Prozess mit den Fachexperten und holt die formale Freigabe vom Dokumenteneigentümer ein.
  3. Verteilung: Nach der Freigabe sorgt er dafür, dass das Dokument an die relevanten Mitarbeiter verteilt und an einem zentralen Ort (z. B. Intranet) veröffentlicht wird. Veraltete Versionen werden gleichzeitig entfernt.

Versionskontrolle und Änderungsverfolgung sicherstellen

Keine Aufgabe ist wichtiger als diese. Der Controller stellt sicher, dass jede Änderung an einem Dokument nachvollziehbar ist. Dazu gehört:

  • Eine klare Regel für die Vergabe von Versionsnummern (z. B. 0.x für Entwürfe, 1.0 für die erste Freigabe).
  • Ein Änderungsprotokoll in jedem Dokument, das festhält, wer was wann warum geändert hat.
  • Die Archivierung alter Versionen, damit diese bei Bedarf (z. B. für Audits) wiederhergestellt werden können.

Eine lückenlose ISO 27001 Dokumentation ist der beste Beweis für ein gelebtes Managementsystem.

Zugriff auf Informationen kontrollieren

Nicht jeder Mitarbeiter darf jedes Dokument sehen oder bearbeiten. Der Document Controller verwaltet die Zugriffsrechte und stellt sicher, dass sensible Informationen nur dem berechtigten Personenkreis zugänglich sind.

Aufbewahrung und Vernichtung überwachen

Dokumente dürfen nicht ewig aufbewahrt werden. Der Controller achtet darauf, dass gesetzliche oder vertragliche Aufbewahrungsfristen eingehalten werden und dass dokumentierte Informationen nach Ablauf dieser Fristen sicher vernichtet werden.

Mastery: Werkzeuge und Best Practices

Sie müssen das Rad nicht neu erfinden. Viele Unternehmen nutzen bereits vorhandene Tools, um die Dokumentenlenkung umzusetzen.

Einfache Werkzeuge:

  • SharePoint / Microsoft Teams: Bietet von Haus aus Funktionen für Versionskontrolle, Freigabeworkflows und differenzierte Zugriffsrechte. Für viele kleine und mittlere Unternehmen ein guter Startpunkt.
  • Confluence: Ein Wiki-System, das sich hervorragend für die kollaborative Erstellung und Verwaltung von Richtlinien eignet. Die integrierte Versionshistorie macht jede Änderung nachvollziehbar.
  • Strukturierte Netzlaufwerke: Die einfachste, aber auch fehleranfälligste Methode. Sie erfordert extreme Disziplin bei der Dateibenennung und Ordnerstruktur.

Best Practices für die Audit-Bereitschaft:

  1. Seien Sie der beste Freund des Auditors: Halten Sie Ihre Master List immer aktuell. Wenn der Auditor nach einem Dokument fragt, sollten Sie es in unter 30 Sekunden finden können.
  2. Dokumentieren Sie den Prozess selbst: Erstellen Sie eine Verfahrensanweisung „VA-Dokumentenlenkung“, die genau beschreibt, wie Ihr Prozess funktioniert. Das ist oft das erste Dokument, das ein Auditor sehen möchte.
  3. Führen Sie regelmäßige Self-Checks durch: Überprüfen Sie monatlich stichprobenartig einige Dokumente: Ist die Version aktuell? Stimmt das Prüfdatum? Sind die Zugriffsrechte korrekt? Das bereitet Sie auch ideal auf ein Remote Audit vor, bei dem eine schnelle digitale Verfügbarkeit entscheidend ist.

Häufige Falle: Denken, die Software erledigt alles.Realität: Ein Tool wie SharePoint kann die Versionskontrolle automatisieren, aber die Freigabeentscheidung oder die Festlegung von Zugriffsrechten erfordert immer einen menschlichen Prozess und eine klare Verantwortung – Ihre Verantwortung.

Diese Infografik verankert die wichtigsten Best Practices: Aufgabenlisten, Versionskontrolle, Zugangsbeschränkung, Audit-Bereitschaft sowie Dokumentenaufbewahrung und Entsorgung. Ein hilfreicher Merker für die tägliche Arbeit.

Automatisierung: Wenn die manuelle Dokumentenlenkung an ihre Grenzen stößt

SharePoint und Confluence sind gute Werkzeuge für den Anfang. Doch je mehr Dokumente und regulatorische Anforderungen hinzukommen (z. B. TISAX, DSGVO, NIS2), desto komplexer und fehleranfälliger wird die manuelle Verwaltung.

Hier stoßen manuelle Systeme an ihre Grenzen:

  • Fehlende Verknüpfungen: Ein Dokument wie eine Richtlinie ist mit bestimmten Risiken und Maßnahmen aus der Norm verknüpft. Diese Verbindungen manuell zu pflegen, ist extrem aufwendig.
  • Aufwendige Aufgabenverwaltung: Die jährliche Überprüfung von 100 Dokumenten manuell per Kalendereintrag zu steuern, ist ineffizient.
  • Mangelnde Übersicht: Bei mehreren Normen wird es fast unmöglich, den Überblick zu behalten, welches Dokument für welche Anforderung relevant ist.

An diesem Punkt setzen spezialisierte Lösungen an. Eine Compliance Plattform wie das Digital Compliance Office von SECJUR automatisiert diese Prozesse. Sie verknüpft Richtlinien direkt mit den Norm-Anforderungen, weist Aufgaben automatisch zu, erinnert an Prüffristen und sammelt alle Nachweise an einem zentralen Ort. Das reduziert den manuellen Aufwand drastisch und macht das ISMS nicht nur effizienter, sondern auch wesentlich robuster gegenüber Audits.

Fazit: Mehr als nur Verwaltung – Sie sind der Schlüssel zum Erfolg

Die Rolle des Document Controllers mag auf den ersten Blick administrativ und trocken wirken. Doch in Wahrheit ist sie eine der kritischsten Funktionen für den Erfolg eines jeden Managementsystems. Ein guter Document Controller verwandelt ein chaotisches Sammelsurium von Dateien in ein lebendiges, audit-sicheres und vertrauenswürdiges System.

Sie sind nicht nur der Verwalter von Dokumenten, sondern der Hüter der Ordnung, der Nachvollziehbarkeit und letztlich des Vertrauens, das Kunden und Auditoren in Ihr Unternehmen setzen. Wenn Sie diese Rolle übernehmen, übernehmen Sie eine geheime Superkraft, die Ihr Unternehmen sicher durch jedes Audit navigiert.

FAQ: Häufige Fragen zur Rolle des Document Controllers

Was gehört alles zur Lenkung von Dokumenten?

Zur Lenkung gehören alle Aktivitäten des Lebenszyklus: Erstellung nach Vorlage, eindeutige Kennzeichnung, Prüfung und Freigabe durch autorisierte Personen, Verteilung der gültigen Version, Schutz vor unbeabsichtigter Änderung, Archivierung alter Versionen und die kontrollierte Vernichtung.

Muss die Rolle „Document Controller“ eine Vollzeitstelle sein?

Nein, in den meisten KMUs ist dies eine Teilzeitrolle, die oft von jemandem aus dem Qualitätsmanagement, der IT oder der Assistenz der Geschäftsführung übernommen wird. Wichtig ist nicht das Arbeitspensum, sondern dass die Verantwortung klar benannt und die Person entsprechend geschult ist.

Welche Dokumente sind für ein ISO 27001 Audit am wichtigsten?

Auditoren prüfen typischerweise zuerst die übergeordneten Dokumente: Die ISMS-Leitlinie, die Anwendbarkeitserklärung (SoA), die Risikobewertungsmethodik und den Risikobehandlungsplan. Wenn diese Dokumente nicht sauber gelenkt sind, wirft das sofort ein schlechtes Licht auf das gesamte System.

Kann ich ISO 27001 und ISO 9001 Dokumentation kombinieren?

Ja, unbedingt! Beide Normen fordern einen Prozess zur Lenkung dokumentierter Informationen. Unternehmen, die beide Standards implementieren, können durch integrierte Managementsysteme erhebliche Synergien heben. Ein einziger, einheitlicher Prozess für die Dokumentenlenkung spart Zeit und vermeidet Doppelarbeit.

Amin Abbaszadeh

Amin Abbaszadeh ist Informationssicherheitsexperte bei SECJUR und unterstützt Unternehmen dabei, Informationssicherheits- und Compliance-Standards wie ISO 27001 effektiv umzusetzen. Zuvor war er als Senior Consultant Cybersecurity bei NTT DATA tätig, wo er Projekte im Bereich IT-Compliance und ISMS verantwortete. Durch seine interdisziplinäre Erfahrung in Technik, Beratung und Management verbindet Amin strategisches Denken mit praxisnaher Umsetzung – immer mit dem Ziel, nachhaltige Sicherheits- und Compliance-Strukturen zu schaffen.

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